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Regierungssturz in Düsseldorf

Fritz Steinhoff an seinem Schreibtisch; Rechte: dpa
Fritz Steinhoff ist neuer Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen

Düsseldorf, 20. Februar 1956. (rst) Der bisherige Fraktionsvorsitzende der SPD, Fritz Steinhoff, ist neuer Regierungschef in Nordrhein-Westfalen. Damit ist die Regierung Arnold gestürzt. Das hat nicht nur Auswirkungen auf Düsseldorf und Nordrhein-Westfalen, sondern auch auf die Bonner Regierung. Denn damit hat die Regierung Adenauer ihre Zweidrittelmehrheit im Bundesrat verloren. Auch das Ausland schaut mit Sorge auf Deutschland.

Mit dem konstruktiven Mißtrauensvotums hat der Landtag zugleich den bisherigen Ministerpräsidenten abgesetzt als auch seinen Nachfolger gewählt. Dabei fiel das Ergebnis klarer aus als erwartet. 102 Abgeordnete stimmten für den Mißtrauensantrag von SPD und FDP, 96 stimmten dagegen, ein Abgeordneter enthielt sich der Stimme. Anfänglich herrschte bei der CDU noch Zuversicht, die Abstimmung zu gewinnen. Da das Zentrum auf Empfehlung des Landesvorstandes gegen den Antrag stimmen sollte und Wirtschaftsminister Middelhauve (FDP) fehlte, verfügten SPD und FDP mit 100 zu 99 über nur eine Stimme Mehrheit. Schon bei Stimmengleichheit wäre der Mißtrauensantrag abgelehnt worden. Die CDU mobilisierte zur entscheidenden Sitzung sogar den schwer erkrankten Abgeordneten Luster-Haggeney, der auf einer Bahre in den Saal getragen wurde.

Karl Arnold; Rechte: dpa
Der gestürzte Ministerpräsident Karl Arnold

Die Aussprache zur Abstimmung wurde eingeleitet von dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Dr. Kohlhase, der bei der Begründung nachdrücklich auf Vorgänge der Bundespolitik hinwies. "Das letzte Glied in einer Kette von Versuchen, der CDU die Alleinherrschaft für unabsehbare Zeit zu sichern", habe der Bonner Wahlgesetzentwurf gebracht. Bei der Umbildung der Landesregierung sei die FDP frei von jeder Feindseligkeit gegenüber der CDU, betonte Dr. Kohlhase. Der Abgeordnete Dr. Siemsen von der SPD warf Ministerpräsident Arnold vor, die SPD trotz ihrer Bereitschaft zur Verantwortung seit 1950 von der Regierungsarbeit ausgeschlossen zu haben. Das wollte Ministerpräsident Arnold aber nicht gelten lassen. Er erklärte: "Ich habe den Eindruck, daß eine Schlacht im falschen Saal geschlagen wird." Er warf seinen Gegnern vor, daß sie keine landespolitischen Gesichtspunkte für den Mißtrauensantrag vorzubringen hätten.

Ministerpräsident Fritz Steinhoff wird vereidigt; Rechte: dpa

Direkt nach der Wahl leistete Ministerpräsident Steinhoff seinen Amtseid.

Schließlich stimmten jedoch mit 102 zu 96 mehr Abgeordnete gegen Arnold als für ihn. Unter ihnen waren wohl auch Vertreter des Zentrums oder sogar der CDU. Beide Fraktionen erklärten aber nach der Abstimmung, sie hätten geschlossen gegen den Mißtrauensantrag gestimmt. Bereits unmittelbar nach der Wahl leistete der neue Ministerpräsident Steinhoff seinen Eid. Er erklärte kurz darauf im WDR: "Da ich im Bewußtsein der Verantwortung und der Verpflichtung handeln mußte, war ich vorbereitet auf die Entscheidung. Und habe im vollem Bewußtsein der Verantwortung, der Pflichten und auch der damit verbundenen Schwierigkeiten ja dazu gesagt." Sein neues Kabinett wird Steinhoff erst in einigen Tagen vorstellen. Den Abgeordneten des Zentrums hat er bereits angeboten, sich an der neuen Regierung zu beteiligen.

Da es jetzt in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Bremen und Hessen Länderregierungen unter Führung der SPD gibt, hat die Bonner Regierungskoalition ihre Zweidrittelmehrheit im Bundesrat verloren. Deshalb hatte auch Bundeskanzler Dr. Adenauer noch vor wenigen Tagen versucht, in Gesprächen mit nordrhein-westfälischen FDP-Vertretern den Koalitionsstreit zu beenden. Die FDP in Nordrhein-Westfalen hatte mehrfach angekündigt, nach einem Sturz der Düsseldorfer Regierung die Bundespolitik über den Bundesrat blockieren zu wollen. Deshalb waren auch die Augen des Auslands ganz auf die Düsseldorfer Entscheidung gerichtet. In diplomatischen Kreisen wird befürchtet, daß eine neue Regierung im stärksten Land der Bundesrepublik starke Unsicherheit in die westliche Bündnispolitik tragen könnte.

 

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